Kinners, ich würd ja gern, aber es ist einfach zu heiß.
Gern würde ich erzählen von Überlandfahrten Richtung Hamburg und darüber hinaus, als ich zwei Tage und eine Nacht in einem stinkenden, lauten Moloch zubrachte und am Tag meiner Heimkehr das Gefühl hatte, an jedem meiner Körperhaare klebte ein Haus, ein Mensch, eine Straße, eine Bahn, ein Flugzeug, eine Werbung, ein Leben – nur nicht meines. Das hatte sich verflüssigt und davon gemacht.
Oder ich würde von Berlin erzählen, einen anderen Moloch, den ich lediglich für einige Stunden aufsuchen musste und den ich nicht mehr aus dem Ohr bekam. Dessen Geräusche mich verfolgten als wollte sich etwas anderes dahinter verstecken. Vielleicht die Scham, die diese Stadt empfinden sollte, so ungeniert, wie sie mich angestarrt hat?
Gern würde ich erzählen von meiner ganz eigenen Geschichte mit dem großen, schwedischen Möbelhaus, dessen Katalog die Bibel einer ganzen Generation geworden ist, nämlich meiner und zu dessen Ruhm ich nie mit entsprechenden Anekdoten á la „als ich meinen Schrank zusammenbauen musste“ beitragen wollte.
Es ging auch nicht sosehr um den Zusammenbau eines Schranks, mehr um den Abtransport dessen und der Tatsache, das ich gelernt habe, das es wenig Sinn hat, das untere Ende der firmeninternen Nahrungskette runterzuputzen. Ist ja nicht ihre Schuld, das unsichtbare Menschen auf der anderen Seite eines Telefonhörers minütlich ihre Meinung wechseln und in einem Moment entscheiden, das man im Liefergebiet und im nächsten Moment 4 km (!) zu weit östlich lebt.
Ich würde erzählen, das ich vor einigen Tagen meine erste komplett frei erfundene Geschichte fertiggestellt habe und wie glücklich es mich gemacht hat, einmal tatsächlich meinen Realitätssinn ausgetrickst zu haben – auch wenn die Geschichte gerade mal die Länge einer etwas längeren Minutennovelle hat. Hatte ich doch bisher geglaubt, nicht über mein Leben hinauszukommen. War dat ne Freude.
Ja ja, ihr Lieben, das alles und vieles mehr würde ich erzählen, aber ihr wisst es so gut wie ich - es ist einfach zu heiß.
Da sich in nächster Zeit einige hitzeflüchtige Städter bei mir einquartieren, werde ich mich an dieser Stelle in meinen Mantel des Schweigens zurückziehen und vermutlich erst wieder in ein bis zwei Wochen auftauchen.
Aber in der derzeitigen allgemeinen Urlaubs- und Reiselust fällt das sicher nicht auf.
Ob ich den Städtern erzählen sollte, dass das Wasser des Sees nicht mehr so lecker aussieht und riecht?
Donnerstag, Juli 20, 2006
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3 Kommentare:
Man mag nicht glauben, welche unüberwindbare Distanz 4Km im Zeitalter der Globalisierung darstellen können.
Das ist wohl wahr. Der Kopf hat halt nur die Form der Welt, aber grenzenloses Denken wird ihm immer fremd sein...:-)
ich kann das so gut nachvollziehen! habe gerade so etwas ähnliches geblogt ;)
und wisst ihr was: ihr fehlt uns.
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