Dienstag, Februar 27, 2007

Sturm im Wasserglas

Eine Burg auf einer Insel vor Schottlands Küste. Wir, mein Angeliebter und ich, haben eine Wohnung in einem der Türme. Wenn wir aus dem Fenster schauen, sehen wir, wie sich der wilde Atlantik zu unseren "Füßen" bricht. Schwere Wolken werden vom Sturm über unsere Köpfe hinweg gejagt, doch wir haben es warm und heimelig. Ich stehe in der offenen Küche, schaue hinaus, als plötzlich ein militärisches Transportflugzeug der Russen mein Sichtfeld kreuzt.
Es schlingert im Wind, befindet sich im Tiefflug, als würde es zur Landung ansetzen wollen, doch wo man hinschaut, ist nur Wasser. Mein Herz setzt für eine Sekunde aus. Panik macht sich bereit, aufzusteigen. Ich renne ans Fenster, sehe, wie das Flugzeug eine Bogen zieht, die Insel umkreist. Ich stürze zu einem Fenster auf der gegenüberliegenden Seite. Von hier aus sehe ich über den Hof der Burg hinweg auf die andere Seite der Insel. Ein Insel, die nicht mehr als dieser Burg Platz bieten kann. Ein Flugzeugträger liegt dicht vor der Küste. Mir wird klar, dass die Transportmaschine versucht, ein passendes Manöver zu fliegen, um auf diesem Schiff zu landen. Doch können so große Flugzeuge auf einem Schiff landen?
Jetzt bekomme ich es mit der Angst zu tun. Fühle, dass wir alle, die wir hier leben, in Gefahr sind. Ich drehe mich um, rufe nach meinem Angeliebten, als ob dieser etwas ändern könnte. Doch die Rufe verhallen. Wo ist er? Ich durchsuche die Wohnung, aber keine Spur. Gerade als ich der Panik komplett nachgeben will, öffnet sich die Wohnungstür und mein Angeliebter kommt herein. Nur mit Bademantel, halb geöffnet, und Latschen an den Füßen steht er in der Tür, das Handy in der Hand.
"Wo kommst Du her?", frage ich aufgeregt. Will erzählen was ich gesehen habe, setze an, doch der Ausdruck in seinen Augen lässt mich verstummen. Er steht noch immer in der Tür, paralysiert - erschrocken. Ich gehe hin, nehme seine Hand, schließe die Tür und führe ihn in den Raum. Er lehnt sich an die Wand, rutscht herunter und beginnt zu wimmern.
Ich hocke mich vor ihn - schweige, sehe ihn an. Er senkt den Blick, bekommt kaum Luft.
"Ich liebe ihn." Verzweifelt bringt er diesen Satz hervor und lässt mich zu Stein erstarren. Vergessen ist das Flugzeug, die äußerliche Bedrohung. Wie bei einem Soldaten unter Beschuss setzt mein Gehirn alle notwendigen Fakten in einem Bruchteil einer Sekunde frei und ich beginne zu verstehen. Sein regelmäßiges Verschwinden für ein paar Minuten, seine Reisen. Es ist eingetreten,womit ich immer gerechnet habe. Ich höre sein Wimmern, fühle seine Zerrissenheit, seine Schuld, seine Liebe, die nicht mehr genug ist, sosehr er auch gekämpft hat. Ein junger Zwanzigjähriger ist nicht mehr zu erreichen und ihn trifft die Wucht der Wahrheit. Mitleid erfüllt mich, Resignation - und Liebe.

Ich öffne die Augen und mir wird bewusst, das alles nur ein Traum war.

Und dann dringt ein Wimmern an mein Ohr.

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