Montag, Mai 01, 2006

Wo sind sie, all die Berliner?

Zu behaupten, ich hätte gestern keinen einzigen Berliner gesehen, wäre eine Lüge, denn mit dem Einen, den ich definitiv verorten konnte, hatte ich keinen guten Start.
In besagtem Kreuzberger Café wollten wir, wie jeden morgen, frühstücken. An Sonntagen ist der Freund des normalen Frühstücks bekanntermaßen in der Hölle des Brunch gefangen, doch in der Karte wird extra darauf hingewiesen, das an Sonntagen neben dem Brunch nur ein bestimmtes Frühstückssortiment angeboten wird. Ich war begeistert, denn ich, kein großer Fan des Brunch, sollte hier die Möglichkeit haben, trotzdem regulär zu frühstücken.
Wie sich herausstellen sollte, jedoch nicht jeden Sonntag, da, so wurde mir mit entsprechender Berliner Schnauze und in passendem Lehmannschen Lokalkolorit schnell klargemacht, jene Regelung nicht an verlängerten Wochenenden und Feiertagen gilt. Hurra!
Weiter ging es, auf den großen Flohmarkt am Ostbahnhof. Hier sollten all die wahren Berliner zu treffen sein, doch nach dem Eintauchen in die Menge wurde schnell klar, das die wenigen wahren Berliner, sich hinter den Standtischen befanden, während vor diesen in vielen deutschen Dialekten und fremden Zungen gesprochen wurde. Ich gestehe, auch ich natürlich kein Berliner, hatte das Gefühl nicht am richtigen Ort zu sein und nachdem wir uns den hundertsten Tisch mit alten DDR-Devotionalien angeschaut hatten, entschieden wir, uns irgendwo an der Spree in die Sonne zu legen und die Stadt für einen Moment die Stadt sein zu lassen.
Eine gute Idee, auch wenn der wirklich kleine Park an der Spitze einer Landzunge im Osten der Stadt noch immer nicht klein genug zu sein schien, um von Touristen nicht beachtet zu werden.
Am frühen Abend beschlossen wir, im Hotel zu essen und den Abend friedlich und stressfrei ausklingen zu lassen, doch nein, auch dies sollte uns nicht gegönnt sein. Auf Grund einer Feier war der Restaurantbetrieb heute eingestellt worden, aber in der Bar könnten wir, allerdings zum vollen Preis, essen. Wir schauten uns an – nö!
Also noch mal ins Auto gesetzt, zum x-ten Mal an den Reisegruppen und deren Bussen am Checkpoint Charlie vorbeigequetscht und uns auf die Suche nach dem Italiener gemacht, den wir vor vier Jahre so toll fanden. Kaum war er gefunden, befanden wir uns, auf der Suche nach einem Parkplatz, mitten in Berlins Fressmeile, wie es schien. Ein Restaurant direkt an das andere gebaut und siehe da – ein Inder.
Schnell wurde aus Italienisch (das können wir auch in Schwerin essen) Indisch und kaum saßen wir, wurde mir klar, das auch hier kein wahrer Berliner zu finden sein würde. Es gab eine Quotendeutsche unter den Bedienungen, was nicht weiter tragisch war und die Gäste kamen aus aller Herren Städte und Länder, nur nicht aus Berlin. Wir saßen auf der Terrasse und an uns zog die zumeist englischsprechende Menge vorbei.
Stimmt ja, wir befanden uns hier im zweiten Bermuda-Dreieck der Berliner Galerieszene und es war der letzte Tag des Galeriewochenendes. Jetzt verstand ich. Aber das Essen war trotzdem lecker.
Im Hotel angekommen, schauten wir Polizeiruf 110, der in Schwerin spielt. Ein bisschen Heimat, aber nein, neuer Partner und einfach mal nach Wismar verlegt das Ganze.
Naja, zumindest dichter dran als wir es hier sind.

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