Donnerstag, Mai 04, 2006

"Der Schläfer"

Durch meines Angeliebten Theatergruppe, sind wir stolze Besitzer einer Dauerkarte für das 16. Filmkunstfest Schwerin. Dankbar nehmen wir das kulturelle Angebot an und werden in den nächsten, vermutlich wunderbar sonnigen Tagen in mehr oder weniger kleinen, dunklen Schachteln sitzen und die Augen auf bewegte Bilder richten.
Gut, das ich mir gestern in unserem Garten einen Sonnenbrand zugezogen habe. Der kann sich währenddessen in einen wunderbaren Braunton transformieren und dabei werde ich, hoffentlich, noch gut unterhalten. Am Ende wird man mir den Verzicht auf Licht trotzdem nicht anmerken.
Gestern war Eröffnung. In dem Glauben, wir würden nur einen Film sehen, hatten wir uns nicht bevorratet und auch noch nichts gegessen. So könnten wir anschließend noch bei Susi und Volkmar einkehren und uns den Bauch vollschlagen. Denkste! Ich hatte ja keine Ahnung, an welch wichtigem Event ich teilhaben durfte. Am Ende teilte man sich den Kinosaal unter anderem mit den oberen Fünfzig Schwerins und durfte an Reden und einem Musikprogramm teilhaben.
Währenddessen wurde es in dem großen, an sich sehr schönen, aber nicht klimatisierten Capitol 1 heißer und heißer und der Wunsch nach Getränken und einem Badeanzug drängender und drängender.
Als der Hauptfilm gegen 21.30h endlich begann, saßen wir bereits seit zwei Stunden in unserer eigenen Suppe und zwei weitere Stunden sollten noch folgen. Die ersten gaben nach einer Viertelstunde auf. Andere blieben, aber zogen es vor, den Film mit geschlossenen Augen eher mental zu erleben.

Der Film selbst läuft nur 100 Minuten und ist trotzdem entschieden zu lang. Der Plot als solches ist spannend und vielschichtig, aber der Regisseur war zu bemüht, zu ambitioniert. Er schwieg, wo es Bilder und Worte gebraucht hätte, zog in die Länge, wo Kürze Würze gewesen wäre und auf bestimmte Bilder hätte man verzichten können.
Es stellt sich die Frage, ob der Dogma-Stil gewollt war oder ob das Geld nicht gereicht hat. In beiden Fällen hätte ich auf Aufnahmen, die normalerweise einer starken technischen Unterstützung bedürften, wie z.B. Tanzszenen im Lichtgeflacker der Großraumdisco, verzichtet, aber vielleicht habe ich den Gedanken hinter diesen Bildern nicht verstanden.
Auch der vermeintlich dokumentarische Eindruck ist nicht ausreichend konsequent. Gern hätte ich mehr Gesichter, mehr Können von den Schauspielern (auch Mimen genannt) erleben wollen und nicht nur das ewige Gefühl hinter ihnen herzurennen oder in ihren stark verschatteten Gesichtern nach Regungen zu suchen, während eben diese Schatten ihnen die Möglichkeit des Ausdrucks nehmen.
Am Ende wurde der Film vom Regisseur als politischer Film eingeordnet, aber wenn ich ehrlich bin, der BND-Aspekt wirkte hintergründig im Gegensatz zur privaten Dreiecksbeziehung. Natürlich wird in diesem Fall das Private politisch und das Politische privat, das eben macht den Plot trotzallem spannend und vielschichtig, doch scheint mir der Regisseur nicht an die gesteckten Ziele heranzukommen.
Am Ende habe ich den entscheidenen Faden verloren und so blieben für mich zwei Fragen offen: Hätte er dem Farid das Alibi ohne zu lügen geben können und schläft die Oma oder ist sie gestorben?
Aber es war auch so verdammt heiß und stickig. Nach über vier Stunden in einem solchen Raum kann es schon zu Konzentrationsschwächen kommen. Man möge mir verzeihen.

Schönster Satz in diesem Film:
"Das Schlimme ist, man kann jeden verstehen."

Ein besseres Schlusswort kann auch ich nicht finden.

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