Mittwoch, März 15, 2006

"Resto"

Der Versuch in Schwerin cool zu sein, treibt hin und wieder seltsame Blüten.
So gesehen gestern im „Zeitgeist“ – dem alten „Koriander“.

Dort verabredet mit Lieblingslars, quetschen wir uns gegen 18.00h durch die Puschkinstraße auf der Suche nach einem Parkplatz.
Wir wollten uns im „Zeitgeist“ treffen - der angeblichen Alternative zum „Tapas“.
Wir waren offen und neugierig, denn womöglich finden wir heute den lang gesuchten Ersatz zu einem der schönsten, aber schlechtest geführtesten Läden in Schwerin.
Die Lage stimmte in jedem Fall schon.

Parkplatz gesucht – gefunden, genau gegenüber vom Laden. Beim Aussteigen lese ich das Schild: „Zeitgeist – Resto + Bar + Lounge“

Was? – Resto – Was? – Resto – Hm, komisches Wort

In diesem Moment unterstreicht mir mein Textprogramm übrigens auch gerade den Begriff „Resto“. Es wird sich fühlen, wie ich mich gestern fühlte – hinterfragt und überfordert.

Ich bin nicht generell der Feind des Neudeutschen, manch ein neudeutsches Wort klingt nett, aber „Resto“? Abgesehen davon, das es für mich erst mal keinen Sinn macht (unkaputtbar erklärt sich ja wenigstens von selbst), klingt es furchtbar.
Als Kurzwort für „Restaurant“ schien es mir auf „o“ endend ungeeignet und weitere Assoziationen brachten mich nur noch in die unhygienischen Bereiche einer Küche, von denen ich als Gast am Besten gar nichts wissen will.

Nun denn, wir waren verabredet, wie immer spät dran und wollten uns nicht weiter aufhalten.
Wir treten ein – Hm, schön schick eingerichtet, sieht nett aus, aber kein Mensch darin außer die Bedienung. Sie sitzt Kaffee trinkend an einem der Tische und schaut auf als wir die Tür schließen.
Na gut, es ist ja noch früh.
Erstes Hinhören – Musik scheint in Ordnung – Jazz.
Wo wollen wir sitzen? Aha, erste Hürde – alle Vierer-Tische sind auf Barhöhe angelegt, während der ordinäre Sitzplatz dekorativ auf einem Podest und in reinen Zweiersektionen angelegt ist. Aus gastronomischer Sicht praktisch, aus ästhetischer Sicht schön, aber ein wenig Gruppeninkompatibel. Wir müssen zusammenschieben.

Wir setzen uns. Lieblingslars ist noch nicht da.
Ein Blick in die übersichtliche Karte und die erste Frage: „Keine Cocktails?“
Doch, ein kleiner, kopierter Zettel gibt auch darüber Auskunft.
Zweite Frage: „Gar kein Essen?“
Eine Tafel an der Wand, praktischer Weise hinter einer Säule, zeigt das Angebot des Tages, aber so recht klar, was wie zusammengehört wird nicht.
Da gibt es Erbsen und Möhren, Rösti mit Tomate-Mozzarella, Kartoffeltaler, Schnitzel, Fisch und noch einiges mehr.
Wir fragen und jetzt klärt sich auch der Begriff „Resto“ auf.
Es gibt jeden Tag ein anderes warmes Buffet, man muss nicht bestellen, nicht ansagen, man steht einfach auf, nimmt sich einen Teller in entsprechender Größe und lädt auf. Abgerechnet wird pro Teller und pro Gang. (Achtung Falle!)
Da das weder das Prinzip eines Restaurants noch das eines Bistros ist haben sich die kreativen Menschen dahinter den Begriff Resto als Mischung aus erst- und zweitgenanntem ausgedacht.
Aha – das Buffet als Prinzip – jetzt haben auch wir es verstanden, aber ob die Schweriner schon so weit sind?

Zu guter Letzt: Der Loungebereich unten ist sehr nett und kuschelig geworden, aber etwas einsam gelegen, das Essen hat leider nicht geschmeckt und während unseres dreistündigen Aufenthalts kamen fünf Gäste, was leider ein wenig zur Wartehallen-Akustik beitrug.
Die Damentoilette habe ich bis zum Schluss nicht gefunden, aber auf Grund mangelnden Publikums habe ich mit der Herrentoilette vorlieb genommen statt zu fragen.
Wenn der Laden gut besucht ist, ist es bestimmt eine sehr nette Atmosphäre, jedoch das Prinzip warm halten hat noch keinem Essen gut getan. Darüber würde ich nachdenken!

1 Kommentar:

rock'n'art hat gesagt…

ach, was für ein herrlicher artikel... mal wieder. meine süße - du solltest resto-rant-tester werden.

ich freu mich sehr auf morgen!!!

große umarmung aus hamburg.