Mittwoch, November 29, 2006

Plug in, baby!

Ein drittes Mal in meinem Leben als Fan durfte ich am vergangenen Sonntag eine goldene Eintrittskarte einlösen, damit sich die Pforten in ein akustisches Paradies voller Wahnsinn, Trance und Atemlosigkeit öffneten.
„Muse“ spielte auf. Und, zumindest in Hamburg, das erste Mal in der Halle. Man durfte gespannt sein: Würde eine Band, die von Beginn ihrer Karriere an polarisierte, tatsächlich die 7000 Mann fassende „Alsterdorfer Sporthalle“ füllen? Sie füllte. Die aktuelle Platte „Blackholes and Revalations“ spaltet zwar die langjährige Fangemeinde, doch scheint sie mit ihren Clubsound-Zitaten gleichzeitig ein neues Publikum anzuziehen.
Die Vorband mit dem furchtbar unkreativen Namen „Noisettes“ kann man vernachlässigen. Auch wenn die schwarze Sängerin mit der weißen Stimme eine unglaubliche Show geboten hat, ist der Sound dennoch ähnlich angelegt wie der Name. Und so wurde jedem, der in den 80ern groß geworden ist, definitiv nichts Neues geboten.
Sie ließen uns warten, die drei Jungs aus Devon. Doch dann geht das Licht aus, der Vorhang fällt und zu „Knights of Cydonia“ positionieren sich die drei Vollblutmusiker und schleudern uns mit dem energetischsten Song des aktuellen Albums sogleich in ihre Welt. Die Halle bebt. Männer, zuvor noch von Coolness geprägt, schreien hysterisch und Frauen rocken, was die Hüften hergeben. Matts Falsett klingelt göttlich in den Ohren und er treibt uns auf einer Bühne, die durch Klarheit und technischer Raffinesse besticht, durch zwei Stücke, bevor die Jungs eine erste kleine Pause machen und das Publikum auf deutsch (!) begrüßt wird. Souveräne Geste von Musikern, die dafür bekannt sind, jenseits ihrer Musik keine großen Worte zu machen.

Drummer Dominic Howard zählt von seinem zwei Meter hohen Podest ein und schon peitschen sie uns durch ein Set, das hauptsächlich aus den Songs der letzten drei Alben besteht, so denn man „Hullaballoo“ als B-Seiten-Sammlung mal außen vorlässt. Klassiker wie „Plug in Baby“ und „Time is running out“, werden laut mitgebrüllt und, auch das ist neu, Matt lässt uns singen. Auf den Bildschirmen links und rechts der Bühne sind dabei die teilweise schrägen Kameraeinstellungen zu sehen, die man schon vom „Le Zenith“-Mitschnitt kennt. Sie zeigen Matts Hände an den Saiten und an den Tasten, das es ein Fest ist.
Die eine oder andere technische Pause, die durch die 3+1-Mann-Besetzung nicht ausbleibt, wird mit Nettigkeiten überbrückt, doch der Abgang nach dem ersten Set stürzt uns in Verwirrung. Dunkel wird es und weg sind sie. Kein „Good-bye“, nichts, nur eben Dunkelheit. Unruhe macht sich breit, erste Pfiffe und dann beginnt die Halle unter dem Zugabe-Trampeln der Fans im Innenraum zu beben. Doch sie lassen sich bitten. Es scheint technische Probleme zu geben, denn als sie endlich erneut die Bühne betreten, Matt sich ans Klavier setzt und etwas ruhigere Töne anschlägt, klingt es, als hörten sich die drei nicht immer.

Am Ende dieses Sets wird sich auch brav verabschiedet. Feiern lassen sie sich dennoch nicht. Nicht nur ich bitte darum, noch nicht das Licht anzumachen, in der Hoffnung, noch einen Moment in dieser Welt aus dichten Klangwänden, treibenden Bass und Drums und einer manchmal fast verstörenden Stimme verweilen zu dürfen. Doch die Kuppel senkt sich über das Schlagzeug und die Helligkeit der Deckenleuchten katapultiert uns zurück in die langweilige Ödnis einer alten Halle. Man macht sich auf den Heimweg. Durchgeschwitzt und mit Adrenalin zugepumpt, klingeln die Ohren.

Kleiner Mann, ganz groß – Plug in, baby!

Keine Kommentare: