Mittwoch, September 06, 2006

Wo stehst du, Frau?

Erinnert sich vielleicht noch jemand daran, welche Diskussion die Aufstellung Angela Merkels zur Kanzlerkandidatin ausgelöst hat? Es wurde nicht nur gefragt, ob die das kann sondern auch, ob sie das kann.
Reihenweise wurden wir Frauen gefragt, ob wir, da nun eine Frau zur Wahl stände, diese eben nicht wegen ihres Programms oder ihrer Parteizugehörigkeit wählen würden sondern weil sie eine von uns ist. Inzwischen ist Kohls kleines Mädchen vom Magazin Forbes zur mächtigsten Frau der Welt ausgerufen worden.
Die Präsidentschaft der UN-Vollversammlung wird im September von Sheika Haya Rashed Al Khalifa übernommen, einer Frau, die schon in ihrem Heimatland Bahrain in vielen Bereichen Vorreiterin war – die erste Anwältin, die erste Beraterin des Königshofs, die erste Botschafterin, die erste Frau mit einer eigenen, erfolgreichen Kanzlei in ihrem Land.
In den USA wird Hillary Rodham Clinton als zukünftige Präsidentschaftskandidatin gehandelt und viele glauben, wenn es je eine Frau auf den Posten des mächtigsten Menschen der Welt schaffen sollte, dann wäre sie es.
Insgesamt werden derzeit 12 Länder der Erde von Frauen regiert – Tendenz steigend.
Auch im Sport scheint sich teilweise, zumindest in Deutschland, das Blatt zu wenden. In Sachen Fußball versetzt die deutsche Mannschaft der Herren eine Nation in den Rausch, aber den Titel holten die Frauen.
Bei der Schwimm-EM verhielt sich das deutsche Medaillenverhältnis der Frauen zu den Männern 2:1.
Bei der Reit-WM in Aachen, welche unter der Schirmherrschaft Angela Merkels und der Leitung der Prinzessin von Jordanien stand und in welcher die Geschlechter sich ohne Beschränkungen miteinander messen können, steht am Ende des Springreiterfinals zwar ein Mann auf dem obersten Treppchen, aber er hatte gegen drei Frauen zu kämpfen und am Ende ist eine Neuseeländerin mit gerade einem Abwurf im regulären Wettbewerb auf den vierten Platz gekommen – die Damen und der Herr waren eine Klasse für sich.
In der freien Wirtschaft setzen sich die ersten Frauen an der Spitze durch oder machen zumindest an der Seite eines Mannes ihren Einfluss geltend, wie man am Beispiel der Familie Gates sehen kann. Doch darf man wohl davon ausgehen, das gerade in diesem Bereich den Frauen nach wie vor die meisten Steine in den Weg gelegt werden und das sie für eine Beförderung nach wie vor doppelt so hart arbeiten müssen wie die Männer.

Nie zuvor habe ich eine so dichte Präsenz der Frauen in fast allen Sparten des gesellschaftlichen Lebens gespürt. In den 70ern und 80ern noch zu jung, um die großen Emazipationsdiskussionen verfolgen zu können oder zu wollen, erlebe ich in den 90ern und bis ins neue Jahrtausend hinein vor allem, wie Frauen anfangen sich zurückzubesinnen bzw. ihr Heil in einer fast perversen Form der Selbstdarstellung zu suchen. Ich gebe gern zu, das mir die Ironie der freiwilligen Selbsterniedrigung einer Jenni Elvers oder wie all die anderen selbsternannten Luder hießen, entgangen ist. Natürlich gab es auch in dieser Zeit eine andere Bewegung, wie man an Tatsachen erkennen konnte, wie der, das z.B. MTV von einer Frau geleitet wurde. Die Entwicklung des jetzigen Stands der Dinge hat auch nicht über Nacht stattgefunden, sondern spiegelt nur die Entwicklung der letzten Jahre und Jahrzehnte wieder, doch scheint innerhalb der Medien ein Umdenken stattgefunden zu haben.
Mit der Wahl einer Frau ins höchste Amt scheint die Wahrnehmung in unserem Land eine andere geworden zu sein. Soviel Frauenpower abseits der Laufstege und Discobühnen und –bienen wurde selten so deutlich durch die Medien kommuniziert. Die Brust unserer Nation wird breiter denn je, wenn bekannt gemacht wird, das an unseren Schalthebeln die mächtigste Frau der Welt sitzt. Viele verwechseln das vermutlich und glauben, das wir jetzt die mächtigste Nation der Welt sind, aber nein, es geht „nur“ um die Frauen.
Und dann kommt da eine Frau wie Eva Herman, ihres Zeichens eine Frau die definitiv auf einen erfolgreiche Karriere und eine Familie blicken kann und schreibt mit ihrem Buch „Das Eva-Prinzip“ das Pamphlet für die Hausfrau. Ein Buch, das, noch nicht mal erschienen, schon in der Luft zerrissen wird. Mit ihrer Küchenphilosophie erweckt sie den Zorn vieler ihrer Kolleginnin und scheint nicht nur ihre eigene Karriere sondern auch die der anderen mit Füßen zu treten. Die ganze Aufregung erinnert mich an die Veröffentlichung des Buches „Der dressierte Mann“ von Esther Vilar– nicht das ich dabei gewesen wäre.
Bezeichnenderweise habe ich darüber in der Sommerausgabe der „Dummy“ gelesen, welche ein ganzes Heft zum Thema Frauen gemacht hat. Da hat die Vilar in Zeiten von Alice Schwarzer and friends die These aufgestellt, das der Mann durch eben solche Frauen unterdrückt und zurechterzogen wird und das die Frauen sich lieber auf ihre Rolle (die sich auch in ihren Augen nicht zwangsläufig über die drei Ks definierte) und ihr Können besinnen sollten als mit den gleichen Waffen zurückzuschlagen – vereinfacht gesagt. Generell finde ich ihren Ansatz, nach 40 Jahren der Emanzipation fast visionär, aber ich kann mir vorstellen, das im Klima der 60er und 70er und einer gerade aufkommenden Frauenbewegung jeder Satz zugunsten des männlichen Geschlechts als kontraproduktiv und subversiv empfunden werden musste.

Die „emotion“ setzt sich auf eine ganz andere Weise mit diesem Thema auseinander. In ihrer Ausgabe vom August fragt sie „Typisch Mann? Typisch Frau?“, zeigt anhand von Paaren und ihren Marotten auf, wie wenig die Realität den Klischees entspricht und plädiert am Ende dafür, nicht die Unterschiede der Geschlechter herauszuarbeiten (die im Übrigen auch durch Studien nicht wirklich belegt werden können) sondern sich auf die Qualitäten der jeweiligen Persönlichkeit zu konzentrieren.

Ein einfacher Ansatz – vielleicht aber auch der schwerste, denn das würde bedeuten, sich von Klischees zu verabschieden, von Schutzschilden und Argumentationshilfen und sich am Ende nur durch eigene Persönlichkeit, eigenes Können und eigene Leistung hervorzutun.
Eben als das zu bestehen, was wir alle sind – Menschen.

Welcome in Utopia!

2 Kommentare:

mq hat gesagt…

Den Ansatz unterstützend möchte ich hinzufügen, dass zwischen machtbewussten Frauen und machtbewussten Männern keine Unterschiede erkennbar sind, zumindest aus meiner Froschperspektive.

schafswelt hat gesagt…

Ja, ich glaube gern, das aus dieser Perspektive kein Unterschied erkennbar ist, möchte aber bezweifeln, das Sie die Dinge noch aus der Froschperspektive betrachten müssen...:-)

Seien Sie an dieser Stelle auch einmal ganz herzlich von mir gegrüßt. Ich freue mich immer wieder über Ihren Besuch und verfolge Ihren Blog nach wie vor mit großem Interesse, auch wenn ich dies leider nicht so regelmäßig zum Ausdruck bringen kann. Oft fehlen mir einfach die Worte und Sie wissen warum...:-)