Sonntag, Mai 21, 2006

No No Never

Als Grand-Prix-Verächterin habe ich mir diese Sendung, glaube ich, noch nie in meinem Leben an einem Stück angesehen. Eine Freundin und eine liebe Bekannte bekennen sich gleich im Chor zu Schlagermusik, Erdbeerbowle und Partyigeln. Eingeladen wurde ich, doch auch wenn ich große Lust hatte, all die Lieben mal wieder zu sehen, sprachen zwei Gründe dagegen: Zum Einen wollte ich zwei Tage Ruhe ohne Baulärm und fremde Männer in meinen vier Wänden genießen und zum Zweiten wollte ich nicht alle Anwesenden mit meiner ganz persönliche Meinung zu Musik und Veranstaltung nerven, nach dem x-ten Witz in die kalte Nacht entlassen werden und gekündigten Freundschaften nachweinen.

Und trotzdem - „Stolz und Vorurteil“ ist gerade zuende, der Fernseher schaltet sich zwischen und auf dem Bildschirm erscheint das breite Grinsen von Thomas Herrmanns und die glänzende Platte von Georg Ücker. Beide ganz aufgeregt, führen sie uns durch X Jahre Grand-Prix-Geschichte und just gibt Kassandra-Georg-Ücker seinen Tipp für den heutigen Abend ab.
Griechenland oder Schweden. Mein sportlicher Ehrgeiz ist geweckt – im Fernsehen läuft auf allen anderen Kanälen nur noch mehr Mist und einen weiteren DVD-Film schafft mein Hirn heute auf keinen Fall.
Also, wird Ücker Recht behalten?

Eröffnet wurde der Reigen mit Ralf Siegels international gemischten Schweizern, die Deutschen traten an achter Stelle auf und ich war überrascht, wie nett das Lied klingt und wer da singt. Ja, ich kann das. Ich kann diese Art von Information aus meinem Alltag filtern und tatsächlich keine Ahnung haben, so denn ich je damit konfrontiert werden sollte.
Lustig fand ich den Auftritt der sechs Rockstars aus, ich glaube es war Lettland, die in schicken Anzügen zu heftigen Rockklängen „We are the winner“ (of the Eurovision Songcontest) gröhlten. Prompt wurden sie ausgebuht und ich lachte nur noch mehr. Doch, diese Antichristen hatten meinen Nerv getroffen.
Der Russe gefiel mir gut. Seine Show war nicht überdreht und auch wenn der Moderator sich über den sterbenden Schwan im Flügel mokierte (Moderator oder Kommentator?) – ich fand es nett anzusehen. Das Lied war okay, seine Stimme schön anzuhören und das mit den Klamotten und der Frisur, na ja, er ist jung und hat noch viel Zeit, seinen Geschmack auszubilden. Kaufen würde ich mir die Platte trotzdem nicht. Er war für mich der Einäugige unter den Blinden.
Die Finnen gewinnen, was meinen Eindruck bestätigt, das Show über die halbe Miete zu sein scheint. Ich lag mit meinem Russen auf Platz zwei, und dem Beitrag aus Bosnien-Herzegowina auf Platz drei nicht voll daneben, während Schweden und Griechenland nicht einmal Achtungserfolge einfahren konnten. Ücker verliert. Vermutlich ein klassischer Fall von Betriebsblind, denn man kann auch über zuviel Information verfügen. Das wird mir in diesem Fall sicher nie passieren.
Und noch etwas habe ich an diesem Abend gelernt: Diese schreckliche Musik a la „Las Ketchup“ mit piepsenden Frauen oder Männern, die zu dem immerwährend gleichen Beat die immerwährend gleichen Tänze aufführen hat einen Namen – Europop. Das passiert, wenn man auf einen gemeinsamen Nenner kommen will – es kann nur der kleinste sein.

Keine Kommentare: