Freitag, Februar 24, 2006

Olgas Sommer

„Olgas Sommer“ – so hieß der Film, an dem ich gestern nacht hängen geblieben bin, obwohl ich geistig schon auf dem Weg ins Bett war.

Der Plot:
Olga, 16 Jahre jung, lebt in einem Kaff nahe der Autobahn und arbeitet an der Tankstelle ihrer Familie. Ihr Traum ist es, das ein Mann in der Dämmerung an die Tankstelle kommt, ohne Ziel weiterfährt und sie mitnimmt, wohin auch immer. Ihr Manifest lautet: Für die Liebe sind nur wilde Männer in Betracht zu ziehen und es gibt keine Angst außer Todesangst.
Ein passendes Exemplar, Daniel, kommt zur passenden Uhrzeit und mit der vermeintlich passenden Intention an die Tankstelle, tankt für 10 Euro – und nimmt sie nicht mit.
Er will sich, im Glauben, seine Ehefrau im Streit erschlagen zu haben, umbringen und fährt bei voller Geschwindigkeit über den Rand der Landstraße, dessen Abgrund sich als ein nicht sehr abschüssiges Sonnenblumenfeld entpuppt.
Am nächsten Tag findet Olga ihn und wartet, bis er aus seiner Bewusstlosigkeit aufwacht. Sie stehlen den Wagen des Bruders und machen sich gemeinsam auf den Weg. Ein Ziel ist schnell gefunden und so fahren ein Anfang 40-jähriger Comiczeichner und eine 16-jährige Schülerin durch die Alpen Richtung Marseille, um die Fähre nach Tanger zu nehmen. Sie meinen sich auf der Flucht zu befinden und entsprechend abenteuerlich geht es zu. Auch als er durch einen Telefonanruf feststellt, das es seiner Frau gut geht, lässt er das Mädchen im Glauben, auf der Flucht zu sein.
Es kommt, wie es kommen muss. Er schläft mit ihr und sie werden ein Liebespaar, auch wenn jeder um sie herum glaubt, das er ihr Vater ist.
Weitere Einzelheiten schenke ich mir an dieser Stelle, nur soviel, am Ende besteigt sie die Fähre nach Tanger, während er zurückbleibt, zwar getrennt von seiner Frau, doch auch von eben jener Frau in die Wirklichkeit zurückgeholt.

Warum ich das alles erzähle? Weil mich dieser Film auf eine bestimmte Art berührt hat und mir etwas gezeigt hat, das ich schon komplett vergessen hatte – nämlich wie es ist, ein Teenager zu sein.
Olga, hervorragend gespielt von Clémence Poésy, ist genau so, wie ich es aus meiner Zeit als Teenager in Erinnerung habe. Zielgerichtet, dogmatisch, extrem, emotional, kompromisslos, lebenshungrig.
Für sie ist im Leben vieles noch neu, oft das erste Mal, spannend und kein bisschen einschüchternd und um an ihr Ziel zu kommen, ist ihr fast jedes Mittel recht.
Auf die Frage einer alten Freundin, was ihn denn an diesem Mädchen reizen würde, antwortet Daniel, jenseits aller Klischees: „Sie hat keine Angst!“

Das war auch das,
was mich an diesem Film so berührte, denn ich hatte vor hundert Jahren auch mal keine Angst gehabt.
Und heute? Alles wird abgewogen, bedacht, überprüft, es wird auf Nummer sicher gegangen. Wir machen uns Gedanken, über die wir mit 16 herzlich gelacht hätten. Deren vermeintliche Unnötigkeit uns regelrecht absurd erschienen wäre.
Die es uns nicht einmal wert erschienen wären, sie zu denken. Beseelt von einem absoluten Urvertrauen und dem Glauben, alles schaffen zu können, wollte ich mich auch nicht mit „wenn“ und „aber“ aufhalten. Es würde schon irgendwie weitergehen. Es ging irgendwie weiter.

Als Daniel sich zu Olga ins Bett legte und das erste Mal der Versuchung nachgab, sie zu berühren, schüttelte es mich und ich wusste nicht, wo ich, von Peinlichkeit und Abscheu erfüllt, hinschauen sollte, aber genau in dem Moment begann er wieder ein wenig der 16-jährige zu sein, dem das „wenn“ und das „aber“ egal waren, dem es möglich war, die Konsequenzen nicht in Betracht zu ziehen und für das Jetzt zu leben.

Bis zum Ende des Films konnte ich mich nicht komplett mit diesem Teil der Geschichte anfreunden, denn egal wie sehr ich mich auch wieder daran erinnern mag, wie freigeistig und unkompliziert einem das Leben als 16-jährige(r) erscheint, so wenig möchte ich wieder 16 sein. Der Schmerz, der einem in dieser Zeit widerfährt, den man aber auch erzeugt, ist in seiner Neuartigkeit brutal und total.

Es gibt nur eine Gewissheit: Es wird weitergehen!
Und der Vorzug, aber auch das Leiden des Erwachsenseins ist, diese Gewissheit ergänzen zu können: ...mit mir oder ohne mich!

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ich liebe diesen Film, Ich liebe diese Frau! Weiß jemand wo man den Film bekommen kann?
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schafswelt hat gesagt…

Ich habe ein wenig geforscht und kann jetzt sagen, wo und wie man den Film bekommen kann.

Und zwar wendet man sich an den Mitschnittservice des WDR. (http://www.wdr.de/tv/genre/mitschnitte.phtml)Als Mitproduzent liegen die Rechte auch beim WDR und somit ist dieser berechtigt, den Film abzugeben.
Ist nicht ganz billig und man muß auch noch ein paar rechtliche Schritte beachten, aber es funktioniert.

Ich selber bin so schon an den Film "Der Stich des Skorpion" gelangt.

Viel Glück!

Anonym hat gesagt…

50€ -_-
da sollte ich vll noch warten, es könnte sich was günstigeres erübrigen?
kommt auf mein forum
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