
Schon einen Tag zuvor musste ich mir und meinem Hund (beide noch traumatisiert vom Umzug im letzten Sommer) beim Ausräumen des Anbaus und dem Einrichten der Baustelle wieder und wieder erklären, dass das nicht für immer sei, das der Weg das Ziel sei und das am Ende alles viel schöner würde. Natürlich dachte mein Hund, das wir schon wieder weggehen würden, während mir klar war, das es sich nur um eine zeitlich begrenzte Baumaßnahme handelt.
Faszinierend finde ich die Entwicklung meines Angeliebten.
Es gibt nicht viel, was ihn von seiner Malerei respektive Bildhauerei abhalten kann.
Wenn ich ein wenig Zeit mit ihm verbringen will, muss ich mir normalerweise schon etwas Bestechendes einfallen lassen oder einfach einen bestimmten Grad der Erschöpfung abwarten, damit die Gegenwehr mit nur wenigen, aber stichhaltigen Argumenten zerstreut werden kann.
Heute jedoch, kaum im Atelier, beobachtet er die Ankunft von Herbert* und Heinrich*, lässt den Pinsel fallen, begleitet sie in unser Haus, trinkt mit ihnen Kaffee und nimmt anschließend wie selbstverständlich den Hammer in die Hand und bespricht den einzuschlagenden Bereich.
Schon gestern immer aktiv dazwischen, vermutlich nicht immer erwünscht (Er: Habt ihr den Sturz wirklich gerade angelegt? – Die Anderen: Raus hier!!!) nutzt er auch heute die Gelegenheit vollen Körpereinsatz zu zeigen.
In einem früheren Leben muss er Handwerker oder Bauarbeiter gewesen sein.
Der Besuch eines Baumarktes hat auf ihn eine ähnliche Wirkung wie der Besuch einer Buchhandlung oder eines Plattenladens auf mich.
Durch die Regale stromernd findet er immer wieder etwas, das er vermutlich irgendwann in zehn Jahren gebrauchen kann. Wozu aber auf den Moment warten, wenn man schon mal hier ist?
Seit gestern schlägt seine große Stunde. Er hat Glück, das es sich bei den Dreien um Autodidakten handelt, die ein tieferes Verständnis für seinen Wunsch, seine (Mannes-)Kraft, seine Muskeln, sein logisches Denken und seinen technisch-dreidimensionalen Verstand unter Beweis stellen zu wollen, haben und ihn mitspielen lassen.
Und während er mit jedem Hammerschlag mehr Testosteron freisetzt, sitzen der Hund und ich, frierend unter eine dicke Decke gekuschelt (auf Grund des hohen Staubaufkommens hat Mann sich entschlossen, die Fenster aufzureißen), auf dem Sofa und hoffen, das die Luft bald wieder nach etwas anderem als Staub riecht und dass das Testosteron auch im Bett versprüht wird.
* Namen von der Redaktion geändert

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