Mittwoch, August 16, 2006

Von Tieren und Menschen

Bevor ich zu dem Kern meiner Gedanken komme, möchte ich an dieser Stelle zwei mir lieben und teuren Menschen versichern, dass das, was sie an dieser Stelle lesen werden als Gedankengang zwar von ihnen ausgelöst wurde, aber ansonsten nichts mit ihnen zu tun hat. Ich fälle kein Urteil und bin mir sicher, das die Entscheidung, die sie für sich treffen werden, die Richtige sein wird – für Beide.

In dem von mir an anderer Stelle vorgestellten EQ-Test wird unter anderem die Frage gestellt, ob man sich dem Tier oder dem Menschen näher fühlt. Für viele vermutlich einfach zu beantworten – dem Menschen. Für mich auch einfach zu beantworten – dem Tier.
Ich habe nie darüber nachgedacht, warum das so ist. Für mich war das ganz natürlich. Ich bin mit Tieren aufgewachsen. Fast meine ganze Kindheit über gab es mindestens ein Tier in unserem Haus. Vögel, eine Katze, Hunde. Als kleines Kind habe ich mich in den nahegelegenen Reitstall davon gemacht, um mich bei den Pferden rumzutreiben und als wir in die Stadt zogen, wurde dieses Vergnügen durch Ferien auf dem Ponyhof ersetzt, an die ich mich bis heute voller Freude erinnere. Nie konnte ich in der Stadt so wild sein, wie ich es dort sein durfte. Ins Gelände gehen, verschmelzen mit Tier und Natur, mit all meinen Sinnen arbeiten, das war etwas Ursprüngliches, etwas Einfaches ohne jedoch simpel zu sein – so wollte ich leben.
Als ich von zu Hause auszog, schaffte ich mir bald Vögel an, denn für etwas anderes war in meiner Wohnung kein Platz, aber ganz ohne Tier, das war für mich schnell klar, ging es einfach nicht. (Heute habe ich eine etwas andere Meinung dazu und wenn meine Vögel mal nicht mehr sind, werde ich mir keine neuen anschaffen, denn kein Tier, dessen natürliches Verhalten auf Flucht basiert und dessen Leben normalerweise fern des Menschen stattfindet, gehört in einen Käfig.)
Mit jeder Erweiterung meines Lebensraums kamen auch größere Tiere hinzu und so habe ich inzwischen zwei Schafe, einen Hund und eben die Vögel. Ich bin Mitglied in verschiedenen Umwelt- und Tierschutzorganisationen und ein totgefahrenes Tier auf der Straße lässt mich bis heute für einen Moment in Trauer verstummen, während ich, so zynisch das jetzt klingen mag, den Beerdigungen auf dem gegenüberliegenden Friedhof natürlich mit Respekt, jedoch nicht mit eben dieser Anteilnahme begegne. Warum das so ist – ich kann mir diese Frage damit beantworten, das Tiere in den meisten Fällen Opfer unserer Zivilisation sind, während wir Menschen es im Normalfall selbst in der Hand haben, uns zu schützen.
Mir kamen diese Gedanken und Gefühle immer ganz natürlich vor, doch musste ich im Laufe der Zeit feststellen, dass das nicht für jeden eine Selbstverständlichkeit ist, sondern das für viele Tiere eher eine Belastung darstellen. Sie riechen, sie sind triebgesteuert, sie machen Dreck, sie haaren – sie hinterlassen je nach Art und Beschaffenheit ihre Spuren. Für mich hat das nie ein Problem dargestellt, weil es eben Tiere sind und das alles ihrer Natur entspricht, doch lernte ich im Laufe der Zeit Menschen kennen, die mit diesen Faktoren mehr oder weniger Probleme hatten, die Wert auf ein berechenbares und sauberes Umfeld legen, in welchem eben aus jenen Gründen kein Platz für Tiere ist.
Ein Phänomen waren da zum Beispiel immer wieder die Freunde der Schwester meines Liebsten. Sie selbst hatte immer mindestens ein Tier. Lange war sie Besitzerin eines eigenen Pferdes gewesen und ich werde sicher nie das Bild vergessen, wenn ihr jeweiliger Partner sie in den Stall begleitet hatte. Natürlich immer zu schick angezogen für ein solches Umfeld, drückte er sich, auf jeden Schritt achtend, am Tor zu den Stallungen herum, um nur nicht in die Stallgasse treten zu müssen, in welcher sich ja ein wahres Inferno von tierischem Leben und den damit verbundenen Unannehmlichkeiten auftat.
Immer wieder fragte ich mich, wie das zusammenpasste – sie, die ihre Tiere liebte und sich nicht zu schade war, sich auch mal schmutzig zu machen (ohne dabei aber grundsätzlich rumzulaufen als hätte sie dir Nächte im Heu verbracht) und er, der alles ertragen konnte, nur eben nicht den Schmutz, den Geruch oder was auch immer den jeweiligen Mann explizit störte. Eine Antwort fand ich nie auf die Frage, aber so richtig interessiert hatte mich das auch nicht, denn nichtsdestotrotz konnte ja alles bleiben, wie es war und abseits des Stalls ist eben jene Schwester ja ähnlich veranlagt, wie ihre jeweiligen Partner, doch wird es schwierig für beide Parteien, wenn das Tier eben nicht mehr im Stall steht sondern in Form eines Hundes oder einer Katze, den gemeinsamen Lebensraum teilen soll.
Katzen beispielsweise sind wunderbare Tiere, die Haare bringt auch ein Hund mit, doch der Geruch des Katzenklos war schon bei einer früheren Freundin, die das Klo an strategisch ungünstigem Platz untergebracht hatte, eine olfaktorische Herausforderung, der ich je nach Grad der Verschmutzung nicht immer gewachsen war.
Doch kann man den Katzen keinen Strick daraus drehen, denn sie machen nur das, wozu die Natur sie verpflichtet. Es macht sie nicht zu schlechteren Tieren, vielleicht nur zu ungeeigneteren.

Dennoch empfinde ich das Leben von Menschen, die aus entsprechenden Gründen keine Beziehungen zu Tieren aufbauen können immer als ein wenig eng, da sie sich, meiner Meinung nach, nicht nur des Drecks erwehren, sondern auch ihren Instinkten und ihren Trieben, die wir alle in uns tragen.
Für mich macht aber genau das den Reiz aus, mit Tieren zusammenzuleben. Sie erden mich, fordern meine Sinne, lassen mich spüren und fühlen, denn das ist ihre Sprache. Worte nutzen mir bei ihnen nichts, aber Klang. Sie fordern mich, über mich selbst hinauszudenken, auf eine ganz andere Art zu agieren und so auch eine andere Welt jenseits der meinen zu leben. Richtet sich ein Tier gegen mich, so habe ich dieses nicht richtig verstanden, denn auch wenn ihm List und Tücke zu eigen ist, so doch nur aus dem Grund, Futter zu erhalten, ihr Revier zu verteidigen oder ihre Kinder zu beschützen, nicht aber aus purer Bosheit. Ein Verhalten, das uns so fremd nicht sein sollte, mit dem Unterschied, das wir immer die Wahl haben zu handeln.
Durch Tiere erkenne ich, das ich nur ein Teil von etwas bin und das ich an meinem Maßstab nur eins messen kann – mich – das allen und allem anderen ein anderer, jedoch gleichwertiger, Maßstab zugrunde liegt, auf den ich mich einstellen muss.
Wir sind auch nur eine Spezies, die diesen Planet bevölkert und für so manches Tier dürften wir stinken, den Lebensraum verunreinigen und einengen, wie es für viele Menschen die Tiere tun. Auch wenn wir durch ein erweitertes Gehirn in der Lage sind, über unsere Instinkte hinaus kontrolliert und verantwortlich zu handeln, sind wir dennoch instinktbegabte Wesen und es würde uns so manches mal gut zu Gesicht stehen auch auf diese zu hören, uns einzulassen und nicht etwas auf unser entsprechendes Maß herunterkontrollieren zu wollen, das sich am Ende doch immer der Kontrolle entzieht – das Leben.

2 Kommentare:

mq hat gesagt…

Der Mensch machte sich die Erde zu untertan, wie er es sich selbst in der Bibel befohlen hat. Ein anderer bezeichnete es als Survival of the fittest. Wer der Stärkste ist, wird sich noch herausstellen. Ich tippe auf Insekten, und im Bereich der Wirbeltiere auf Ratten. Die bunte Welt der Kleinstlebewesen verhöhnt uns heute schon.

Letztendlich tun wir aber genau dasselbe wie jedes andere Tier: Wir betrachten unsere Existenz als die wichtigste.

schafswelt hat gesagt…

Guter Gedanke!
Davon abgesehen sind Insekten, Ratten und Haie auch meine Favoriten im Kampf ums Überleben. Schon jetzt kann man sagen, das wir, die wir behaupten in der Nahrungskette ganz oben zu stehen, ihnen nur von Nutzen sind.